Südafrika – das erste mal alleine in der weiten Welt – Kulturschock 2.0

Das Ende meiner Ausbildung nahte und ich musste mir im Herbst/Winter 2008 Gedanken darüber machen, wie es denn jetzt für mich weiter geht. Ich habe bei der R+V Versicherung im 2. Anlauf dann meine Ausbildung zur Versicherungskauffrau gemacht und konnte diese sogar verkürzen. Nun ja, konnte ich mir vorstellen ab jetzt für die nächsten 45 Jahre denselben Job zu machen? Auf keinen Fall! Was ich viel lieber wollte? Raus in die Welt, was erleben, was sehen und auf jedenfall ganz viele Abenteuer. Ok, aber nur vom Reisen kann man im Normallfall ja nicht leben. Wie konnte ich denn dann meinen Wunsch nach Reisen und dem nach geregeltem Einkommen gleichzeitig nachkommen und gerecht werden? Mir war ja vor dem buchen schon klar, dass ich am Ende arm wie eine Kirchenmaus zurück nach Deutschland kommen werde. Ok, es musste ein Plan her. Für einen Menschen, der besonders gerne in den Tag hinein lebt und von Natur aus chaotisch veranlagt ist, sind Pläne machen nichts tolles! Wie auch beim Lernen schob ich das so lange nach hinten, wie eben möglich. Wollte ich studieren, einen anderen Job, wollte ich in Warendorf bleiben? Herrje, so viele Möglichkeiten und doch nur diese eine Chance (jetzt weiss ich, es kommen noch jede Menge anderer).

Kennzeichen in Südafrika, gültig bis 2013

Ohne vorab auch nur irgendwem davon zu erzählen, machte ich etwas völlig verrücktes. Ich hab mich auf einen Platz an der FH Köln beworben, um Versicherungswesen zu studieren. Das ganze sollte im Oktober 20009 beginnen und ich hatte somit noch ein wenig Zeit, zwischen Ausbildung und Uni, zu reisen. Super! Das mit der Annahme an der FH klappte, dank meiner 8 Wartesemester und trotz schlechtem Fachabi, super. 🙂 Schwein gehabt. Mit dem Studienplatz in der Tasche machte ich mich damals schon über das Internet auf die Suche nach Abenteuern. Was konnte man machen, was mit dem Leben hier so überhaupt nichts zu tun hat? Zudem sollte es auch nach Möglichkeit so richtig weit weg sein. USA war ja nach dem Trip 2005 nach New York raus. Nach Australien düsten alle. Zudem sind das ja qausi alles Briten, die damals mit den Schiffen über den großen Teich nach Australien gebracht wurden…und in England war ich ja schon öfter. Ok, Afrika. Afrika klingt super. So anders, so weit weg. Perfekt. Aber was wollte ich dort machen?

Weinprobe über Weinprobe – man wird zum Kenner 🙂

Es gab wirklich eine Menge Projekte und Praktika Optionen, die angeboten wurden. Der Vorteil hierbei war, dass es immer freie Unterkunft gab. Heisst man bezahlte im voraus etwas für die Projekte und hatte dann durchgehend ein Dach über dem Kopf. Klang für mich nach einem super Deal, für den ersten Anlauf so weit weg von Zuhause.

Kapstadts Küste

Mir war vorher schon bewusst, dass ich nun vermutlich das erste Mal in meinem Leben auf Armut und auch auf Rassismus stoßen werde. Papa hatte uns da wirklich super offen erzogen und ich kannte es nicht, nur nach der Optik oder der Herkunft Unterschiede zu machen. Aber von dem was alle erzählten, gab es dort wirklich große Unterschiede. Damit waren für mich aber auch direkt die Stellen in der Kinderbetreuung bei den Aids Waisen in den Townships (Armenvierteln) raus. Das konnte ich nicht und mir war klar, wenn dieser Trip nichts wird, werde ich vermutlich nie wieder solche Reisen machen. So stieß ich etwas später auf ein Gepardenprojekt. In der Nähe von Kapstadt, lag die Stadt Stellenbosch. Dort liegt auch DIE Universität, auf die sogar alle Namibianer gehen. Diese hatte 2018 ca. 31.765 Studenten. Also quasi mehr Studenten, als Einwohner. Stellenbosch ist eine Stadt in der Provinz Westkap der Republik Südafrika. Sie ist nach Kapstadt die älteste von Europäern gegründete Siedlung im heutigen Südafrika. 2011 hatte die Stadt 19.068 Einwohner. Zusammen mit unmittelbar benachbarten Orten wie Khayamandi (Township) und Cloetesville (Township) betrug die Einwohnerzahl 77.476. Cheetah Outreach, so heisst das Projekt für das ich gearbeitet habe, lag etwas außerhalb von Stellenbosch.

auf dem Tafelberg

Im Februar 2009 ging es dann auch endlich los. Nervös wie sau, stieg ich in das erste Flugzeug. Ziwschenstop in Namibia, wie aufregend. Da ging es nämlich im Anschluss noch hin. Ok, ich hatte den Gangplatz von dem 2er-Sitz rechts. Wer wird denn wohl mein Sitznachbar? Immerhin geht es jetzt 7 Stunden im Flieger bis nach Windhoek. Mein Gott, war ich aufgeregt. Alles neu, alles anders und eine wirklich Idee von dem was mich erwarten würde, hatte ich nicht! Klar wurde mir vorher gesagt, die Kriminalität ist deutlich höher, als hier. Aber was das wirklich bedeutet? Keinen Schimmer. Ich hatte Glück, mein Sitznachbar war kaum älter als ich und Namibianer. Er studierte in Trier Maschinenbau und war gerade auf dem Weg zu seiner Familie. Einer der Verwandten wollte ein paar Tage später in Südafrika heiraten. Ja gut, er war das also mit dem hin und her fliegen zwischen Deutschland, Namibia und Südafrika schon gewohnt. Top, so konnte ich super noch ein paar Tipps abstauben. Es gab auch gleich ein paar Bierempfehlungen dazu. So verging die Zeit natürlich wie im Flug 😉 Zack in Namibia gelandet, erklärte Heiko mir noch kurz wo ich lang musste und wir verabschiedeten uns. Weiter also nochmal 2,5 Stunden nach Südafrika. Dort wurde ich dann von einem Fahrer abgeholt. Der brachte mich in die Zentrale der Leitung für die Projekte in und um Stellenbosch. Dort wurde ich von einer Mitarbeiterin in Empfang genommen, die offensichtlich Elternteile beider Kulturen hatte. Sie erklärte mir auf dem Weg zur Unterkunft eine ganze Menge. Über das Projekt, die Abläufe, die Stadt, die Verhaltensregeln und, und, und. Puh, mein Kopf rauchte. Wichtigste Regel schien aber die zu sein, nichts alleine zu machen, sobald ich die Wohnung verließ! Für mich ein Schock. Damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Ich durfte tagsüber nicht einmal alleine zum Supermarkt? Aber warum? Ich war völlig geschockt. Zudem an all den Häuser Stacheldraht, ein hoher Zaun, Mauern, bewaffnetes Personal, Kameras… was war hier los? Puh, erstmal ankommen. Gewohnt habe ich in einem Studentenwohnheim, doch kaum sah ich das Haus, sah ich auch den bewaffneten Herrn vor dem Eingang. Schön mit dem Maschinengewehr um den Hals. Herrje, wo war ich denn hier bloß gelandet? Ich war wirklich geschockt und absolut verunsichert. Hier sollte ich jetzt hier die nächsten Monate wohnen und mich dann auch noch wohlfühlen? Wie sollte das gehen?

Kira, Kay und ich auf dem Tafelberg

Oben in der Wohnung angekommen, erfuhr ich dann wo mein Bett war. Ich hatte 4 Mitbewohner, Vicky aus England, Kim aus Schottland, sowie Kira und Kay aus Deutschland. Kay war also unser Hahn im Korb. Alle waren noch in ihren Projekten am arbeiten, kämen aber später nach Hause. Mit Kira und Kay würde ich auch im selben Projekt sein, also konnte ich mich einfach an die beiden halten. Die beiden Britinnen arbeiteten in einem Waisenhaus für Aidswaisen zwischen 2-6 Jahren in Khayamandi, dem zu der Zeit größten Township von Stellenbosch und direkt an unser Wohnviertel angrenzend. Daher auch die ganzen Hinweis und Ratschläge, sowie das Personal vor der Tür. Wir wohnten nicht im Stadtzentrum und sicher auch nicht in der sichersten Ecke.

am Kap der guten Hoffnung
Vicky, Kira und ich auf einer Bootstour zu den Robben

Hatte ich denn jetzt in den 2 Stunden alles richtig verstanden? Immerhin waren das die ersten Stunden nur auf Englisch und das weit weg von Zuhause und in einem wirklich sehr anderen, unbekannten Land. Ich hoffte es ging alles gut und packte erstmal aus. Schließlich sollte ich hier ja jetzt für eine Weile wohnen. Es gab einen PC im Wohnzimmer, der für alle war. Smartphones gab es ja keine und das mit den SMS nach Hause war richtig teuer. Also kurz mal eben per Email die Nachricht nach Hause, dass ich gut angekommen war. Gerade die Email an Papa verschickt, geht auch schon die Tür auf. Die Britinnen kommen herein. Beide super herzlich und absolut liebenswert. Kurze Zeit später kommen dann auch noch Kira und Kay. Wirklich alle super aufgeschlossen, lieb, interessiert und alle teilen direkt ihre Erfahrungen mit mir. Jeder ist super begeistert von Südafrika, der Landschaft, den Projekten, den Freizeitgestaltungsmöglichkeiten… ok, es kann also alles gar nicht so wild sein. Die anderen machten was zu Essen, ich hatte aber noch nichts eingekauft…also war das Schritt Nummer eins. Zwei der anderen wollten auch los, also hielt ich mich an die Regeln und ging schön brav mit. Wie spannend sich draußen alles anzuschauen. Bevor ich allerdings einkaufen gehen konnte, musste ich zur Bank. Geld abheben, ich brauchte ja schließlich ein paar Rand. Geld abheben läuft hier ganz anders. Ziel ist es so schnell wie möglich und so unbemerkt wie möglich das Geld direkt in der Tasche verschwinden zu lassen, ohne direkt im Anschluss beklaut zu werden. Weiter zum Supermarkt, hier wurde dann auch direkt mal geguckt, dass wir die nächsten Tage zusammen kochen. Oder auch ich für die anderen 🙂 Alles das was jeder nur für sich kaufte, bekam einen Aufkleber in der Wohnung und gut. WG-Leben für Anfänger, oder auch Fortgeschrittene. Abends, es war schließlich Freitag, ging es mit den anderen in die Stadt. Party machen. Das beste war die Musik, Schlager gab es aus dem Deutschen übersetzt nun auf Afrikaans. Verrückt! Dennoch fiel auf, dass in den Bars und Clubs nur Weisse feierten. Ich war verwundert. Weisse und Farbige wohnten in unterschiedlichen Stadtteilen, gingen in unterschiedliche Bars und Clubs… warum kann man das denn als eine Bevölkerung nicht zusammen? Es schien aber so, als würde sich sonst niemand wundern oder das irgendwie komisch finden. Also zurück zur Party. Es gab viele verschiedene Getränke (ich testete das erste Mal Strohrum), wirklich viele nette und vor allem junge Menschen. Die Stadt war ja auch voller Studenten. Direkt am ersten Abend fiel mir auf, wie unglaublich schön die Menschen hier sind. Schon tagsüber hatte mich das gewundert, aber das bestätigte sich Abends und auch die nächsten Wochen. Puh, ich glaube ich war nie wieder so fasziniert von dem Mix, der Ausstrahlung und der Schönheit all der Menschen. Wie ich Jahre später heraus gefunden habe, ist Kapstadt eine der Modemetropolen und entsprechend hängen dort auch extrem viele Models rum. Aber ob die auch alle nach Stellenbosch düsen? Vielleicht lag das auch einfach nur daran das ich vorher, außer den Menschen hier in Europa und den USA, nix kannte. Oder lag es vielleicht nur daran, dass die Menschen anders aussahen, einer anderen ethnischen Gruppe angehörten. Wer weiss es schon, aber ich war echt aus dem Häuschen. Und nein, ich beziehe das keinesfalls nur auf die Männer. Es gab auch hübsche Frauen in Hülle und Fülle.

Snack in den Sanddünen
die gute Kneipe

Nach dem ersten Wochenende in Südafrika hatte ich mich ein kleines wenig eingewöhnt. Es ging am Montag zusammen mit Kira und Kay in das Projekt. Wieder super aufregend. Das Gelände lag etwas außerhalb. Die anderen beiden kannten ja schon den Fahrer, das Gelände (es gab noch einen Park, ein paar Geschäfte und ein super schickes Restaurant nebenan – Spier heißt alles zusammen) und auch die Kollegen. Ich durfte erstmal in den Shop vom Projekt und mir zwei T-Shirts holen, denn es hatten alle dieselben Shirts. Letzte Woche bei einer neuen Dating Show im Fernsehen wurde dieses Projekt gezeigt und die Mitarbeiter tragen immer noch dieselben T-Shirts wie in 2009. 🙂 Ok, es ging weiter damit, dass mir alle vorgestellt wurden. Die Kollegin, die mir sofort am sympathischsten war, hieß Pricilla. Sie war eine der Bewohner von Khayamandi und gerade erst Mutter geworden. Sie lebte zusammen mit ihrem Sohn und Ihrer Mutter in einer kleinen Hütte. Später am Tag fragte ich mich, wie ich ihr denn vielleicht ein kleines bisschen helfen könnte. Wir durften keine großen Geschenke, egal ob Geld oder Materialien, an unsere farbigen Kollegen machen. Da man aber die Coins, die kleinen Geldmünzen, nicht einmal zurück in Euro wechseln konnte, überredete ich alle in der WG für Pricilla und das Baby zu sammeln. Sie hat sich nach den paar Monaten und doch einer Menge Kleingeld wahnsinnig gefreut. Sie war wirklich sehr dankbar und alleine für das Grinsen und die Umarmung hat sich alles gelohnt. (leider hab ich von ihr kein Bild)

der Weg eines Ausritts zum Strand
einer der Berge rund um Stellenbosch

Jetzt zu den Hauptakteuren des ersten Aufenthaltes – den Geparden ❤ Für mich nach wie vor die schönsten Raubkatzen auf dieser Erde. Diese eleganten und zierlichen Tiere, die dennoch die schnellsten Läufer sind…Wahnsinn. Sie können bis zu 90km/h schnell laufen und das bei einer Schulterhöhe von 70-90cm. Geparde können aus dem Stand bis zu 7m weit springen, ohne Anlauf. Die schwarzen Fellstreifen, die vom Auge runter zur Schnauze verlaufen, dienen als Sonnenbrille, damit der Gepard bei der Jagd besser schauen kann. Diese schönen Tiere sind nach wie vor vom Aussterben bedroht. Leider jagen Sie öfter auch auf den Farmen und die Farmer haben da wenig Mitleid. Die Tiere, die in dem Projekt am ehesten landen, sind die Waisen von erschossenen Muttertieren. Diese werden dann weiter von Hand aufgezogen oder, wenn Sie schon größer sind, eben dann bei uns normal betreut. Heißt, es wird regelmäßig gefüttert, sauber gemacht (ja auch die Kacke wegmachen + Info wie diese aussah gehörte zum Job), die etwas älteren und zahmeren Tiere (Männchen) wurde dann auch für die Gäste-Besuche fertig gemacht. Hier war es immer wichtig dafür zu sorgen, dass niemand Sonnenbrillen trägt, sich an ein paar Regeln hält und leider konnten die kleinen Kinder nicht mit rein. Diese galten zu schnell als „Beute“. Besonders interessant war das spielen mit den Jungtieren. Eins war zahm genug dazu. Mit 10 Monaten haben junge Geparden allerdings schon 2/3 der Körpergröße und sind nicht mehr ganz so klein und flauschig. Mit dem Jungtier ließ sich aber super toben und Fussball spielen. Die anderen beiden Teenies waren aggressiver und kamen aus der freien Wildbahn. Da konnte man immer nur zu mehreren ins Gehege. Für die Zeit in dem Projekt bin ich wahnsinnig dankbar. Es gab so viele tolle Momente und Erfahrungen. Zudem jede Menge Zeit mit diesen unglaublichen Tieren. Neben den Geparden gab es auch noch zwei Karakale, ein zahmes Erdmännchen (dieses war wirklich zahm und hörte auf den Namen Sebastian) und ein paar Kangal-Hirtenhunde. Diese stammen ursprünglich aus der Türkei und dienen inzwischen in Südafrika den Farmen zum fernhalten von Raubkatzen. Somit müssen keine Raubkatzen mehr erschossen werden. Wirklich ein schönes Projekt und ausschließlich durch die Praktikanten und von Spenden finanziert. Für alles die sich die Seite mal anschauen wollen, habe ich hier direkt den Link. Leider fehlen mir auch hier die Fotos 😦

https://www.cheetah.co.za/

Zu all diesen tollen Erfahrungen im Projekt gab es natürlich auch einige in der Freizeit. Schließlich hatten wir auch immer mal wieder frei. Meistens an den Wochenenden, oder eben so mal in der Woche. Was gab es nicht alles, was wir gemacht haben. (Die meistens Ausflüge habe ich mit der WG gemacht) Es ging auf den Tafelberg, Fallschirm springen, im Haifischkäfig tauchen (schließlich wimmelt es vor der Küste Südafrikas nur von den großen Weißen), einen Ausflug über die Garden Route inkl. dem zu der Zeit höchsten Bungee Jump der Welt (Bloukrain Bungee) und einen Abstecher in Ronnies Sex Shop (eine Kneipe mitten im Nichts und voller BH’s), Weinproben über Weinproben, mit dem Snowboard die roten Sanddünen runter, Ausflüge zum Strand, sowie zu einer Township Tour.

die Brücke von der gesprungen wurde
nach erfolgreichem Sprung
der Ausblick beim Sprung

Letzte fand einen Tag nach dem Überfall statt. Ja genau, ich/wir sind überfallen worden. Der Abend fing wirklich super lustig an. Die Jungs aus Namibia, eine Horde Studenten, feierten eine WG-Party in der Stadt robots against mashines (Roboter gegen Maschinen). Also alle schön mit Verkleidung auf die Party. Irgendwann Nachts hatten Kira und ich, sowie Johanna aus der Nachbar-WG genug und wollten nach Hause. Guter Stimmung ignorierten wir die Warnung mindestens zu 5. nach Hause zu gehen und immer einen Kerl dabei zu haben. Wir tigerten los, stadtauswärts Richtung unseres Studentenwohnheims. Kurz bevor es in unser Viertel geht, gab es eine kleine Überführung/Brücke. Direkt dort war es schlecht beleuchtet und es grenzte auch kein Wohnhaus an. Uns kamen drei farbige junge Männer entgegen. Ok, 3 gegen 3. Sie passierten und wir dachten schon es war alles gut… bis jede von uns Hände von hinten an sich spürte. So eine Erfahrung wünscht man keinem. Ich hatte tatsächlich nie mehr als 15 Euro Bargeld dabei plus meine Zigaretten. Mein Schlüssel war im Schuh. Also warf ich die restliche Kohle die ich noch hatte und die Zigaretten auf den Boden. Damit war ich fein raus. Allerdings stolperte ich bei dem Versuch mich loszureißen und schlug mir das linke Knie auf. Johanna, die Dritte im Bunde, tat es mir gleich und warf ebenfalls die letzten paar Rand hin. Da wir keine Handtasche hatten, war es damit gut. Aber dann schauten wir zu Kira. Die hatte eine Tasche und wollte diese offensichtlich behalten. In dem Moment zückten die Jungs ihre Messer. Ich schrie Kira an sie soll die Tasche fallen lassen und rennen. Johanna und ich starteten durch und schrien, wie am Spieß. Der erste Nachbar kam mit Hund und Gewehr aus dem ersten Haus hinter der Brücke. Kira immer noch zögernd, drehte sich um und schlug den einen Typen mit der Tasche ko. Sie behielt die Tasche und rannte. Verlor einen Flip Flop, aber wir kamen bis zu Unterkunft. Der Sicherheitsdienst sah unsere Lage und kam uns schon entgegen, samt dem Maschinengewehr. Er schoss in die Luft und die Jungs kehrten um. Niemandem ist wirklich was passiert, aber der Schock saß tief! Klar wusste ich, mein Abendteuer in Südafrika wird nicht immer harmlos sein. Aber damit hatte ich nicht gerechnet. Zumal die letzten Monate alles so perfekt lief. Wir Mädels saßen noch bis lange in die Nacht hinein zusammen und waren echt fertig. Hier in good old Germany passiert sowas ja doch eher selten. Besonders für Kira, die manisch-depressiv ist und ab und zu die Einnahme der Medikamente nicht soooo genau nahm, war der Schock wirklich Nerven aufreibend. Herrje, auch ich hatte wirklich Angst.

Prärie
Buschmann Zeichnungen
Sonnenuntergang über dem Meer

Den nächsten Morgen kam dann unser Lift (also der Fahrer mit dem Auto für den Ausflug). Wir Girls berichteten direkt was passiert ist. Es sollte ja die Township Tour folgen und keine von uns wusste, ob wir wirklich aus dem Wagen aussteigen wollten. Es war aber alles bereits gebucht und bezahlt. Zudem waren wir nicht alleine und es gab eine geführte Tour, zusammen von unserem Guide und einer Dame aus dem Township. Erster Stop Waisenhaus – es liefen direkt an die 30 Kleinkinder auf uns zu, alle mit einem strahlenden Lächeln und zuckersüß. Natürlich war ich ausgestiegen, denn die Neugierde überwog. Allerdings wurde mir kurz mulmig, als zwei der süßen Rotznasen meine Beine umklammerten. Auch das, mit dem aufgeschlagenen Knie. Nachts hatte ich kein Verbandszeug mehr auftreiben können und HIV überträgt sich ja nun einmal über das Blut… Puh, mit einem komischen Gefühl im Bauch aber irgendwie auch wirklich sehr berührt von den kleinen niedlichen Kindern, die einfach nichts für ihr Schicksal können, ging die Tour weiter. Es ging zu einer Höhle, die errichtet wurde für Menschen die nur dort hinkamen, um zu sterben. Sehr Kranke Menschen, die selbst für das hiesige Sanatorium kein Geld hatten. Dort trafen wir auf einen Mann, der bereit war mit uns zu sprechen. Er hatte Aids und war sehr krank, hatte weder Geld für Lebensmittel, noch für lebensverlängernde Medikamente. Somit war das seine einzige Möglichkeit. Hier bekam er gratis einmal am Tag etwas zu essen und konnte bleiben, bis er starb. Zudem haben wir die Toilette des Townships gezeigt bekommen. Es gab eine einzige Toilette mit Dusche und fließendem Wasser, diese teilten sich hunderte von Menschen. Natürlich war dann auch klar, dass die nicht geteerten Straßen ebenso als Toilette dienten. Hygiene war hier ein riesiges Problem. Dazu der Mangel an Geld und Essen… so langsam bekam man eine Idee warum die Jungs am Vorabend uns überfallen hatten. Was würden wir tun, wenn wir so leben müssten? Wenn es dann teilweise alte Kulturen und Rituale gibt, die zum Beispiel besagen wenn ein HIV-positiver Mann mit mindestens 10 Jungfrauen schläft, wäre er geheilt… dann verbreitet sich HIV hier wie ein Lauffeuer. Auch wissen immer noch nicht ansatzweise alle Bewohner der Townships, dass man mit Kondomen die weitere Ansteckung vermeiden kann bzw. diese auf ein Minimum reduziert. Großes Problem ist hier natürlich auch die fehlende Bildung und der Glaube an Schamane und diverse Kulte. Puh, am Ende des Tages war ich echt durch. Für mich kleines unerfahrenes Mädel mit 22 Jahren war das einfach zu viel. Nachdem Kira bereits an Ihrer Abreise arbeitete, hatte auch ich das Gefühl ich müsse weg. Aber es stand ja noch Namibia auf dem Plan. Wie machte ich das denn jetzt? Mein Flug sollte doch erst in ein paar Wochen gehen. Ok, also es gab ja immerhin den einen Rechner und das Internet. Also setzte ich mich erstmal mit der Farm in Namibia in Verbindung, ob denn schon Platz und Zeit für mich wäre? Ja, kein Problem. Ok, schnell das Reisebüro kontaktiert und auch das umbuchen ging reibungslos. Eine Woche später saß ich in meinem Flieger von Kapstadt nach Windhoek, Namibia. Das Abendteuer ging weiter…


Veröffentlicht von easy-the-gypsy

Bunt, verrückt und für jede Reise zu haben

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